KONZERT II
FRÜHLINGSERWARTEN


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17. November 2019 - Beethoven-Saal der Liederhalle Stuttgart


Edward Elgar (1857-1934)

"From the Bavarian Highlands" (op. 27)


Alexander von Zemlinsky (1871-1942)

"Frühlingsbegräbnis"


Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847)

"Die erste Walpurgisnacht" (op. 60)


Judith Gauthier, Sopran/Mezzosopran

Christian Georg, Tenor

Hans Christoph Begemann, Bariton


KonzertChor Stuttgart

Mitglieder des Staatsorchesters Stuttgart


Leitung: Andreas Großberger

Die Werke

Edward Elgar
(1857-1934)

"From the Bavarian Highlands"
(op. 27)

Ein Urlaubsandenken besonderer Art sind die sechs „Scenes from the Bavarian Highlands“, die nun erstmals dem Stuttgarter Publikum präsentiert werden. 
Der britische Komponist Edward Elgar und seine Frau Alice verbrachten ihre Sommerferien in den Jahren zwischen 1893 und 1897 regelmäßig in den bayerischen Alpen, genossen die Landschaft und besuchten von ihrer bevorzugten Pension in Garmisch aus auch kleinere Orte, wo sie mit dem ländlichen Leben und landestypischer Musik in Kontakt kamen. 
1894 kam das Ehepaar auf die Idee, als Hommage an ihren geliebten Urlaubsort englische Chorlieder im bayerischen Stil zu komponieren. Hierbei fiel Alice Elgar, die fließend Deutsch sprach, die Aufgabe zu, englische Gedichte in der Art bayerischer Volkslieder beizusteuern. „The words imitated from Bavarian Volkslieder and Schnadahüpfler by C. Alice Elgar“ steht denn auch auf dem Titelblatt (Schnadahüpfler sind vierzeilige gereimte Lieder mit lustigem oder neckischen Inhalt). Es entstanden sechs musikalische Szenen mit Untertiteln, die jeweils einen bestimmten Ort in der Umgebung von Garmisch in Erinnerung rufen sollten. Es sind textlich und musikalisch eigenständige Parodien des oberbayerischen Stils - nicht etwa nur Überarbeitungen bereits vorhandener Volkslieder. Die ursprüngliche Fassung (Februar 1895) sah nur Klavierbegleitung vor; etwas später vertonte Elgar die Lieder für Chor und Orchester. Die Eheleute widmeten die englisch-bayerischen Weisen ihren Pensionswirten in Garmisch. 
„The Dance“ (Der Tanz) ist eine heiter-beschwingtes Stück im Dreiertakt, in dem Elgar das Springen und Drehen der Tänzer musikalisch darstellt. Nach einem ruhigeren Mittelteil wird der fröhliche Anfang wieder aufgenommen. Im ruhig fließenden „False love“ (Falsche Liebe) geht es zunächst um eine Frühlingsszenerie, die ein junger Mann auf dem Weg zu seiner Liebsten beschreibt. Bei ihr angekommen, muss er erkennen, dass er von ihr betrogen wird. Er zieht sich daraufhin in den Wald zurück, um jeglichem Spott zu entgehen. Im idyllischen „Lullaby“ (Wiegenlied) singt eine Mutter ihren kleinen Sohn in langsam wiegenden Rhythmus in den Schlaf, während von Ferne der Zitherklang einer Tanzmusik zu den beiden dringt. „Aspiration“ (Sehnen) beschreibt tonmalerisch die verschneiten Berge bei St. Anton und die Schneeflocken, die sanft auf die Gipfel fallen. Angesichts der majestätischen Bergwelt preist der Betrachter Gott und fleht ihn um seinen Schutz an. „On the Alm“ (Auf der Alm) handelt von der Liebe zu einem Mädchen, das hoch auf der Alm wohnt. Die ersten fünf der insgesamt sechs Strophen werden von Männerstimmen gesungen. Zwischen den Strophen erklingt eine leise, von den Frauenstimmen intonierte Vokalise, die refrainartig wiederkehrt. Das Lied „The Marksmen“ (Die Schützen) bildet den Abschluss der Szenen. Beschrieben wird ein fröhliches Wetteifern im Schießen – die Flintenschüsse werden durch kurze Fortissimo-Stellen im Orchester dargestellt. Am Ende des Tages ziehen die Freunde im Triumph mit dem erlangten Preis heimwärts. Sie ziehen singend durch Wiesen mit duftendem Heu, während das Alpenglühen der Sternennacht weicht. 
(Text: Maria Glodny)

Alexander von Zemlinksy
(1871-1942)

"Frühlingsbegräbnis"

Der Wiener Komponist und Dirigent Alexander von Zemlinsky - Freund und Schwager Arnold Schönbergs und Lehrer Erich Korngolds - war über viele Jahrzehnte in Vergessenheit geraten. Erst seit den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wird Zemlinsky allmählich wiederentdeckt. Die Stuttgarter Erstaufführung will an diese Entwicklung anknüpfen. Das spätromantische Werk „Frühlingsbegräbnis“ für Sopran, Bariton, Chor und Orchester entstand ab 1896 als Danksagung und Huldigung an Johannes Brahms. Brahms hatte Zemlinsky den ersten Verleger vermittelt und ihn auch darüber hinaus gefördert, starb jedoch im Frühjahr 1897 vor Fertigstellung des Stückes. Zemlinsky widmete das Werk seinem Andenken. Die Uraufführung fand am 11.02.1900 in Wien statt. Der Komponist selbst leitete den dreihundert Stimmen starken Wiener Singverein und das Orchester der Gesellschaft der Musikfreunde. 
Zemlinsky verarbeitet einen Text des späteren Literaturnobelpreisträgers Paul Heyse. Dessen Gedicht interpretiert Zemlinsky „mit innig-ausdrucksvoller Melodik und orchestraler Farbenpracht“ (so sein Biograf Antony Beaumont). 
Innerhalb der sonatenartigen Struktur von feierlichem Trauermarsch, Scherzo-Walzer, Andante und Allegro-Finale mit Coda wird eine allegorische Geschichte erzählt: Der „tote Lenz“, als „schöner Jüngling“ Personifikation des Frühlings, wird in einem nächtlichen Trauerzug von Elfen und Vögeln zu Grabe getragen, denn er wurde mit „sommerlicher Wut“ tödlich von Sonnenstrahlen getroffen. Ein Specht hält die Grabrede, in der er den Waldbewohnern neue und ewige Auferstehung des Frühlings verheißt. Das heraufziehende Gewitter schließlich zerstreut die trauernde Schar.
(Text: Maria Glodny)


Felix Mendelssohn Bartholdy
(1809-1847))

"Die erste Walpurgisnacht"
(op. 60)

Johann Wolfgang von Goethe lieferte mit seinem gleichnamigen Gedicht schon 1799 die Textvorlage für die Erste Walpurgisnacht. Sie war von Anfang an zur Vertonung bestimmt. Der von Goethe dazu ausersehene Freund und Musikpädagoge Carl Friedrich Zelter konnte freilich mit der Ballade nichts anfangen. Dessen Schüler Mendelssohn, der Goethe schon als 12-jähriger kennengelernt hatte, nahm sich Jahrzehnte später der Vorlage an. Noch zu Goethes Lebzeiten begann er auf einer Italienreise 1830/31, „eine Art großer Kantate“ zu komponieren, worüber er mit Goethe noch korrespondierte. Der Dichter hat jedoch die erste Fertigstellung im Herbst 1832 nicht mehr erlebt. Mendelssohn nahm von 1840 bis 1844 diverse Umarbeitungen vor und schuf damit eine zweite Fassung, die üblicherweise aufgeführt wird. 
Diese Fassung besteht aus neun Vokalnummern (Besetzung: Soli Alt, Tenor, Bariton, Bass, gemischter Chor sowie Orchester). Ihr ist eine zweiteilige Ouvertüre (Teil 1: „Das schlechte Wetter“ als düster gefärbter a-Moll-Beginn, dazu kontrastierend der fröhlich-warme Teil 2: „Der Übergang zum Frühling“) vorangestellt. Instrumental- und Vokalteil sowie die einzelnen Vokalteile gehen ineinander über. 
Die Ballade handelt von dem „alten heilgen Brauch“, „Allvater“ zu Frühlingsanfang in der Walpurgisnacht (gemeint ist die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai) durch das Entzünden von Feuern auf den Berggipfeln zu loben und ehren. Dies geschieht jedoch vor dem Hintergrund, dass diese von Druiden geleiteten heidnischen Gottesdienste durch „strenge Überwinder“ in Gestalt von „dumpfen Pfaffenchristen“ bei Todesstrafe verboten und verdammt werden. Die christlichen Widersacher werden am Ende besiegt durch ihren eigenen Aberglauben: Die Anhänger des alten Feuerbrauches maskieren sich und lärmen, um die christlichen Wächter, die an Teufelserscheinungen glauben, mit allerlei Getöse und Mummenschanz zu verjagen („Kommt mit Zacken und mit Gabeln wie der Teufel, den sie fabeln…“). Diesen Spuk musikalisch darzustellen gelingt Mendelssohn mit den Mitteln der Instrumentation und Dynamik in allen Nuancen. Im hymnischen C-Dur-Schlusschor (andante maestoso) feiern der Chor der Druiden und des Heidenvolkes den archaischen Feuerritus.
(Text: Maria Glodny)

Die Solisten

Judith Gauthier
Sopran/Mezzosopran

Vor ihrem Gesangsstudium studierte Judith Gauthier am Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris, Klavier, Liedbegleitung und Korrepetition. Die Mezzo-Sopranistin wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Adami Prize bei der International Competition of Clermont-Ferrand sowie mit dem Ersten Preis und dem SACEM Preis für die beste Interpretation eines zeitgenössischen Werkes beim Concours International de la Mélodie Française in Toulouse. 

Judith Gauthier begann mit dem Sopran Repertoire und erarbeitete sich nach und nach das Mezzo-Fach. Heute gilt sie als Spezialistin im Zwischenfach und kann sowohl Sopran- als auch einige Mezzopartien singen. Engagements führten sie in ihrer bisherigen Karriere an die Théâtre des Champs-Elysées in Paris, an die Oper Madrid, das Festival Aix en Provence, an die Oper Stuttgart und an die Oper Bonn. Höhepunkte dabei waren die Mélisande in Massenets Pelléas et Mélisande am Theatre de Chatelet in Paris und die Titelpartie in Cendrillon an der Opéra Comique in Paris, im Wiener Konzerthaus, in Saint-Etiènne, Luxemburg und an der Oper von New Orleans. Ihr Repertoire spannt sich dabei von Händels Rinaldo, über Mozarts Sesto bis hin zu Peter Eötvös’ As I crossed a bridge of dreams. 

Letzthin debütierte Judith Gauthier erfolgreich am La Monnaie in Brüssel als 3. Sopran in Pascal Dusapins To Be Sung. Zu Beginn der Spielzeit 16/17 präsentierte sie sich in St. Etienne erstmals als Adalgisa in Norma und sang die Titelpartie von Cendrillon am Theater Freiburg.

Neben ihrer regen Operntätigkeit in Judith Gauthier eine vielbeschäftigte Konzert- und Oratoriensängerin. Aufgrund ihres Stimmumfangs singt sie auch einige Alt-Partien wie in der Matthäus- und Johannespassion. Einerseits international anerkannte Interpretin Alter Musik, gilt sie andererseits auch als sehr erfahrene Verfechterin der Musik des 20. Jahrhunderts: "Astrée" in Gérard Pessons Pastorale, Philippe Fénelons "Leçons de ténèbres",  Arvo Pärts "Te Deum", Frank Martins "Golgotha", MacMillans "Seven last words from the cross".

Ihre Diskographie enthält "Golgotha" von Frank Martin, "Die Israeliten in der Wüste" von CPE Bach, "La Gazzetta" von Rossini, "Le 4 ème Mage" von Wissmer, Werke von Denoyé, Corrette und Rameau und Madrigale von Gabrieli.

Christian Georg
Tenor

Der in Berlin geborene Tenor Christian Georg gehört seit der Spielzeit 2014/15 zum solistischen Ensemble der Oper Bonn. Dort war er bisher u. a. als Tamino (Mozart: Die Zauberflöte), Rodolfo (Puccini: La Bohème), Alfredo (Verdi: La Traviata), Don Ottavio (Mozart: Don Giovanni), Ferrando (Mozart: Così fan tutte), Rinuccio (Puccini: Gianni Schicchi) oder als Steuermann (Wagner: Der fliegende Holländer) zu erleben. Beim Beethovenfest 2017 sang er den Carceriere in Dallapiccolas Il Prigioniero.
Christian Georg studierte bei Prof. Reginaldo Pinheiro an der Musikhochschule in Freiburg. 
Seit Ende des Studiums verbindet ihn eine enge Zusammenarbeit mit Belcantoexperte Peter Berne.

Im Konzertfach führen ihn Engagements mit vielen großen Oratorienpartien regelmäßig durch ganz Deutschland und in die Schweiz. So gehören das Weihnachtsoratorium oder die Johannespassion von Bach ebenso zu seinem Repertoire wie Händels "Messias", Mozarts "Requiem", Beethovens "Neunte Sinfonie" und "Missa solemnis", "Elias" und "Lobgesang" von Mendelssohn oder Rossinis "Petite Messe solennelle". Beim Karfreitagskonzert 2018 des Bonner Beethovenorchesters war er in Dvoraks "Stabat Mater" unter der Leitung von Dirk Kaftan zu hören.
In seiner Studienzeit trat Christian Georg bei den Osterfestspielen 2013 in Baden-Baden als Prince in Viardots Cendrillon auf und verkörperte 2014 als Gast der Stuttgarter Opernschule im Wilhelmatheater den Zwerg in der gleichnamigen Oper von Zemlinsky. Beim Festival di Musica d'insieme 2013 in Sessa Aurunca, Italien, trat er mit Liedern und Arien von Donizetti, Bellini und Verdi auf.
Gastengagements führten ihn bisher ans Pfalztheater Kaiserslautern, ans Theater Hagen, als Tamino ans Theater Dortmund und als Ernesto (Donizetti: "Don Pasquale") ans Theater Heidelberg.

Hans Christoph Begemann
Bariton

Hans Christoph Begemann gilt als einer der führenden deutschen Liedsänger. Anfang des Jahres wählte das Magazin Opernwelt seine Schuberteinspielungen zur CD des Monats. Den Preis der deutschen Schallplattenkritik bekam Begemann für die Einspielung der Goethe-Lieder von Wolfgang Rihm. Die New York Times begeisterte sich am Timbre seines "handsomely cushioned baritone" und für die Aufnahme der Pfitzner Orchesterlieder erhielt er den „choc du mois“ von Classica France. 
Der 1962 in Hamburg geborene Bariton ist gefragter Interpret für Neue Musik. In Helsinki und Amsterdam war er der Jaufré Rudel in Kaija Sariaahos Oper L'Amour de loin. Rihm, Trojahn, Glanert, Eggert komponierten Werke für seine Stimme. Kürzlich begeisterten er und sein langjähriger Duo-Partner Thomas Seyboldt bei den Badenweiler Musiktagen mit einem Schubert-Rihm-Abend und in der Kölner Philharmonie war er Solist in der konzertanten Fassung von Zimmermanns Soldaten.
Begemann debütierte mit dem Wolfram von Eschenbach unter Leitung von Marc Albrecht am Staatstheater Darmstadt, an dem er acht Jahre wirkte. Er gastierte an den Opernhäusern von u.a. Leipzig, Köln und Basel und sang bei renommierten Festspielen wie dem Kissinger Sommer, Rheingau Musikfestival, Lucerne Festival, Hong Kong Arts Festival und bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen. 
Begemanns Diskografie umfaßt u.a. die Gesamteinspielung der Lieder von Peter Cornelius, die Matthäuspassion unter Guttenberg sowie die bei cpo erschienene Reihe von Opern und Orchesterliedern.
Seit 2007 betreut Hans Christoph Begemann eine Gesangsklasse in Mainz. Er gibt Meisterkurse an der Landesmusikakademie Rheinland-Pfalz und der EuropaChorAkademie Görlitz.

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